Was kann man heute aus der DDR-Wirtschaft lernen?
Buchvorstellung "Jetzt reden wir. Was heute aus der DDR-Wirtschaft zu lernen ist" in Berlin Marzahn-Nord
Die wirtschaftspolitische Sprecherin der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus Jutta Matuschek, selbst Kind der DDR, hat sich diese Frage gestellt und in Zusammenarbeit mit Rohnstock Biographien die Vorstellung des Buches der Kombinatsdirektoren „Jetzt reden wir. Was heute aus der DDR-Wirtschaft zu lernen ist“ in Marzahn-NordWest organisiert.
Auf Einladung des Wahlkreisabgeordneten Wolfgang Brauer stellten sich am 12. März 2014 Eckhard Netzmann, ehemaliger Generaldirektor im VEB Schwermaschinenbaukombinat „Ernst Thälmann“ (SKET), und Dietrich Lemke, früherer Stellvertreter des Ministers für Außenhandel der DDR und RGW-Experte, im Tschechow-Theater einem gut 60-köpfigen interessierten Publikum. Nach einer typisch lockeren Begrüßung à la Brauer führte Jutta Matuschek souverän durch den Abend.
Beide Talkgäste vermittelten Einblicke in ihren Arbeitsalltag in der DDR, in dem sie stets dreifach kontrolliert wurden; vom Staat, von der Partei und von der Staatssicherheit. Augenzwinkernd sparten sie weder mit Kritik noch mit Richtigstellungen. Dietrich Lemkes Einschätzung lautete: „Die erste Garde war unfähig, die zweite Reihe war top!“ Er gestand auch ein, dass der Außenhandel heute besser als zu DDR-Zeiten funktioniert. Aber auf die Leistungen unter den damaligen Bedingungen und mit den begrenzten Ressourcen konnte man durchaus stolz sein. Der Sozialismus, so Lemke, sei nicht untergegangen, weil der RGW schlecht war.
Beide Diskutanten waren sich einig: Untergegangen ist ein ganzes System, in dem die DDR nur ein Baustein war. Sie ging unter, weil die Sowjetunion unterging, und sie hatte eine ungeeignete Währung. Die Planwirtschaft war praktisch die Verwaltung des Mangels. Netzmann ergänzte, dass durch die gesellschaftliche Arbeit in den Betrieben rund 20 Prozent an Effektivität verloren ging. Da sei das jetzige Wirtschaftssystem zwar wesentlich effektiver, aber ethisch-moralisch müsse sich unbedingt etwas ändern: „Es darf nicht sein, dass Profiterwirtschaftung der Maßstab aller Dinge ist!“. Zustimmendes Nicken im Saal.
Einige Anwesende nutzten die Gelegenheit für Fragen oder Bemerkungen. Bei so mancher Anekdote wurde herzhaft gelacht, konnten sich doch zahlreiche Anwesende an eigene Erfahrungen erinnern. Die Eingangsfrage ließ sich nicht eindeutig beantworten. Es gab Unnützes und Falsches, aber auch einiges Richtige. Aus beidem könne man lernen, meinte Wolfgang Brauer.
Es war ein lebendiger Abend, politische Bildung auf amüsante Weise.
Fortsetzung zu diesem und anderen Themen
ist garantiert.