24.06.2016
Kerstin Ufer
Erschienen in: Mittelsächsische LinksWorte (Mittelsachsen, Sachsen)

Hier leben, hier bleiben - Fraktionstour startet in Brand-Erbisdorf

Unsere Landtagsabgeordneten im Gespräch mit Geschäftsführer Thomas Wirth und Bürgermeister Axel Röthling

Fehlende regionale Wirtschaftskreisläufe, lückenhafte Gesundheitsversorgung, ausgedünnter öffentlicher Nahverkehr, intensive Sicherheitsdebatten – die Attraktivität der sächsischen Regionen fernab von Chemnitz, Dresden und Leipzig steht auf dem Spiel. Dabei gibt es viele junge und ältere Menschen, die in ihrer Region leben und bleiben möchten. Wie lassen sich gute Lebensbedingungen in den sächsischen Regionen sichern? Was wünschen sich die Menschen für ihre Region?

Landtags- und Bundestagsabgeordnete der LINKEN werden unter dem Motto „Hier leben, hier bleiben. Regionen der Zukunft“ bis Oktober 2016 durch die ländlichen Räume des Freistaates touren, um diese Fragen sowie LINKE Positionen und Lösungsvorschläge mit den Menschen zu diskutieren.

Tourstart : Rico Gebhardt und Dr. Jana Pinka unterwegs im ländlichen Raum

Es war ein langer, aber sehr informativer und nachhaltiger Tag für den Fraktionsvorsitzenden Rico Gebhardt und die stellv. Fraktionsvorsitzende Dr. Jana Pinka: Am Mittwoch, dem 4. Mai, gaben sie an einem Infostand in Brand-Erbisdorf gemeinsam den symbolischen Startschuss zur Fraktionstour „Sachsen – Regionen der Zukunft“, um dann auf ihre Tour durch die Erzgebirgsregion des Landkreises Mittelsachsen zu gehen.

Eppendorf

Bereits 10 Uhr erwartete sie Eppendorfs Bürgermeister Axel Röthling (SPD) in seinem Amtszimmer. Er wurde im vergangenen Jahr in sein verantwortungsvolles Amt gewählt und berichtete über das Leben der Menschen in der Gemeinde, zu der die Ortsteile Großwaltersdorf und Kleinhartmannsdorf gehören. In der Kommune leben etwa 4300 EinwohnerInnen. Es gibt sowohl eine Grund- als auch eine Oberschule, Kitas, Pflegeeinrichtungen, mehrere Einzelhandelsgeschäfte und mittelständische Unternehmen. Hauptarbeitgeber in der Gemeinde sind vor allem Kunsthandwerks- und Landwirtschaftsbetriebe. Eppendorf hat eine gute Verkehrsanbindung. Im Ort befindet sich ein Busbahnhof, der zurzeit als Knotenpunkt von Regiobus ausgebaut wird. Eine Bahnanbindung gibt es nicht.

Agroprodukt GmbH Leubsdorf

Axel Röthling bekleidete Rico Gebhardt und Dr. Jana Pinka dann zum nächsten Termin: In der 2014 neugebauten, modernen Milchviehanlage der Agroprodukt GmbH Leubsdorf, die zum Teil auch auf Eppendorfer Flur gebaut wurde, trafen sie sich mit dem Geschäftsführer Thomas Wirth und erfuhren bei einem Rundgang durch die Ställe, dass sich die GmbH seit 1993 neben der Milchproduktion hauptsächlich auf den Anbau von Getreide und Kartoffeln spezialisiert hat.

Auf die derzeitigen Probleme angesprochen, betonte er, dass es vor allem auf eine bessere Zusammenarbeit zwischen den Landwirtschaftsbetrieben und den Molkereien ankommt. Hauptsächlich wäre allerdings die sofortige nachhaltige Unterstützung der Bundes- und Landespolitik nötig, um die existenzbedrohende Lage zahlreicher milcherzeugenden Betriebe abzuwenden. Senior-Geschäftsführer Gerhard Opitz übergab dem Fraktionsvorsitzenden einen Appell, in der die Erzeugergemeinschaft Milch – Milchquelle Chemnitz w.V. die aktuellen, sich immer mehr verschärfenden Probleme schildert und alle politischen Entscheidungsträger auffordert, zügig und unverzüglich ein Entlastungprogramm umzusetzen.

Neuhausen: Von wachsender Bürokratie und immer komplizierter werdenden Verfahren beim Beantragen von Fördermitteln weiß Neuhausens Bürgermeister Peter Haustein (parteilos) ein „Lied zu singen“. Er ist einer der dienstältesten und erfahrensten Gemeindeoberhäupter des Landkreises. Zwar freut er sich über die Fördergelder, die auch der Gemeinde Neuhausen vom Freistaat Sachsen aus dem Fond „Brücken in die Zukunft“ ausgereicht werden, ärgert sich aber über die Förderzwänge, die damit verbunden sind. Viel lieber würde er mit dem Geld mehrere kleinere, aber dringende Schäden beseitigen. Er wünscht sich, dass die Landesregierung den Bürgermeistern dazu mehr Verantwortung und Vertrauen in die eigene Entscheidungsfindung entgegenbringt. Ein dementsprechendes Schreiben wurde von der Staatsregierung allerdings nur sehr unbefriedigend beantwortet. Als sehr lobenswert hob das Gemeindeoberhaupt die noch immer unermüdliche Arbeit von Genossin Ilse Schroth hervor. Die Neuhausener Seniorin organisiert seit vielen Jahren ein 14-tägiges Treffen des Bürgermeisters mit RentnerInnen des Ortes. Bei Kaffee und Kuchen haben die älteren EinwohnerInnen die Möglichkeit, Neues aus der Gemeinde zu erfahren, Fragen an den Bürgermeister loszuwerden und Sorgen, Probleme, aber auch Ideen und Erfahrungen zu diskutieren. Eine schöne Tradition, die wohl in Mittelsachsen ihresgleichen suchen dürfte.

Sayda / Gewerbeverein Sayda e.V.

Auch die Gewerbetreibenden in Sayda haben mit einigen Problemen zu kämpfen. Das wurde in einem Gespräch mit dem Gewerbevereinsvorsitzenden Thomas Gerlach deutlich. Zunächst berichtete er vom Erfolg der ersten Gewerbeschau des Vereins im April dieses Jahres. Unter dem Motto „Wir für die Gemeinschaft“ präsentierten zahlreiche Unternehmen der Gemeinde in einer gemeinsamen Aktion ihre Leistungsspektren und bewiesen, dass es gerade jetzt wichtig ist, gemeinsame Interessen und Vorhaben auch gemeinsam umzusetzen. Da kleine Gemeinden vom Freistaat auch weniger Fördermittel bekämen, wäre allerdings keine Planungssicherheit gegeben. Außerdem hätte auch Sayda mit rückläufigen Gewerbesteuereinnahmen zu kämpfen. Ideen der Menschen, das Leben im Ortsverband zu bereichern, würden oft an fehlenden finanziellen Mitteln scheitern. Die BewohnerInnen der Erzgebirgsgemeinden würden sich zudem wegen der unzureichenden Verkehrsanbindungen an Städte wie Dresden, Chemnitz und Freiberg oft vernachlässigt und abgeschnitten vom kulturellen und wirtschaftlichen Leben fühlen.

Thomas Gerlach freute sich aber sehr, dass Abgeordnete der Linken den Weg nach Sayda gefunden haben und sich für die Probleme der Menschen in den ländlichen Regionen stark machen werden. Dazu gab er ihnen ein Schreiben mit, in dem die Saydaer Gewerbetreibenden die angesprochenen Fragen und Probleme noch einmal zusammenfassen. Rico Gebhardt und Dr. Jana Pinka versprachen, darauf im Rahmen ihrer Möglichkeiten als Oppositionspartei Antworten zu finden und Lösungsvorschläge anzubieten.

„Schon der Tour-Auftakt bewies, dass es dringend nötig ist, mehr für die Menschen in den ländlichen Regionen des Freistaates zu tun. Sie erwarten von uns, dass wir uns ihrer Probleme, Sorgen und Ängste annehmen, ihnen zuhören und gemeinsam mit ihnen nach Lösungswegen suchen. Oft haben sie diese bereits sogar schon parat“, fassen Dr. Jana Pinka und Rico Gebhardt den Tag zusammen.

Hinweis

Die gesamte Mai-Ausgabe der LinksWorte ist unter www.linksworte-mittelsachsen.de/ausgaben/105.pdf zu finden. Frühere Ausgaben sind archiviert unter www.linksworte-mittelsachsen.de/archiv.html .