Dr. Elvira Strauß, Dr. Steffen Schorcht
Erschienen in: Erkner–ungefiltert (Erkner, Brandenburg)

SVV am 8. Dezember: Bilanz und Ausblick

Stadtverordnete in Erkner bleiben sich treu – Streit bestimmt weiter das Klima

Erkner

„Dürftige Ergebnisse bei viel Polemik“ überschrieb die MOZ ihre Berichter­stattung über die 8. Stadtverordnetenversammlung (SVV) im Dezember 2015. Recht hat sie.

Badesteg und Sonnenuhr

Die Anträge der LINKEN zur Wiederöffnung des gesperrten Steges an der Badestelle am Dämeritzsee und zum Wiederaufbau der vom Kirchvorplatz entfernten Sonnenuhr (siehe "Die Stadtverordnetenversammlung möge beschließen …") wurden abgelehnt. DIE LINKE nerve mit diesen Anträgen seit langer Zeit. Sie müsse doch einsehen, dass die Mehrheit der Stadtverordneten beides nicht wolle.

Zur Zeit arbeiten die Verwaltung und wir Stadtverordnete an der Tourismuskonzeption. Die Stadt möchte ihr Profil als Anziehungspunkt für Gäste schärfen. Aber wie sieht die Realität aus? Seit die Stadt keinen Badebetrieb mehr mit der DLRG betreibt (sie hatte den Vertrag gekündigt), ist der auch mit Fördermitteln erbaute Steg mit einer Metalltür gesperrt, aber nicht gesichert, denn die Tür kann locker umgangen werden. Man will verhindern, dass Kinder dort ins Wasser springen, weil es zu gefährlich sei. Im Wasser liegen auf einer Seite wohl noch Reste des alten Steges. (Wer hatte den damals neuen Steg zu verantworten, wer hat ohne Prüfung den Bau genehmigt?) Dort bestehe laut Bürgermeister wohl die Gefahr des Aufspießens. Der kommunale Versicherer würde da nicht mitmachen. Gut so, wenn sich Herr Kirsch sorgt, aber besser wäre doch, wenn er gemeinsam mit den Tauchern (beispielsweise den Erkneraner Bibern) mal richtig nachsehen lässt und eine Idee entwickelt, wie man den Missstand beseitigen könnte. Es ist alles nur Hörensagen. Es gibt nichts Schriftliches, kein Gutachten wurde je gezeigt. Also ein Fall von „Ist eben so!“
Nun haben wir vorgeschlagen, den Steg wenigstens zum Begehen oder als Anlegesteg für Boote zu öffnen, um die Sache touristisch aufzuwerten. Mehrere Anträge und Änderungsanträge unsererseits wurden abgelehnt, ohne eigene Vorschläge zu machen. Peter Catholy (SPD) sagt, er müsse ablehnen. was eigentlich schade ist, denn die Biber würden auch gern den Steg beim Spreetreiben nutzen. Lediglich ein CDU-Vertreter stimmte mit uns für den offenen Steg, weil sein Sohn dort auch gern gebadet hat und gesprungen ist. So bleibt der Steg nun eben „verschlossen“.

Änderung der Geschäftsordnung

Ein Antrag der LINKEN wollte eine Änderung der Geschäftsordnung erreichen. Zum Bericht des Bürgermeisters, den er zu Beginn jeder Sitzung gibt, sollten direkte Nachfragen der Stadtverordneten ermöglicht werden. DIE LINKE versprach sich davon mehr Klarheit in der Kommunikation und mehr Mitbestimmungsmöglichkeiten für die Volksvertreter. Gegenseitige Vorwürfe folgten. DIE LINKE verbreite Unwahrheiten, arbeite mit Unterstellungen und Angstmache. Die Diskussion gipfelte in lautstarken mit Beleidigung gespickten Auseinandersetzungen zwischen Bürgermeister und Stadtverordnetenvorsteher auf der einen Seite und der Fraktion DIE LINKE auf der anderen. Nichtssagende Argumenten wie „Im Kreistag ist das auch nicht üblich … die bisherige Praxis hat sich bewährt … DIE LINKE will sich nur profilieren und den Ablauf der Sitzung in die Länge ziehen …“, waren die Antworten. Um die Diskussion zu konkretisieren, nannte die Fraktion DIE LINKE die Frage, die sie gern an diesem Tag nach dem Bericht von Bürgermeister Kirsch gestellt hätte. „Alle Medien sind voll von Fragen zur Flüchtlingsunterbringung. Im Bürgermeisterbericht von Erkner fällt kein Wort dazu. Welche Position beziehen der Hauptverwaltungsbeamte und seine Verwaltung dazu?“ Nun direkt angesprochen bezeichnet der Bürgermeister unsere Meinung, dass er seinen Standpunkt in der Stadtverordnetenversammlung darstellen solle, als böswilliges „Geseiere“. DIE LINKE wisse aus der Veranstaltung in der Kirche (Anfang September) und aus den Treffen des Flüchtlingsunterstützerkreises ganz genau, was er tue, dass er täglich unterschiedliche Gespräche führe. Den unschönen Streit beendete ein SPD-Geschäftsordnungsantrag auf Ende der Diskussion und sofortige Abstimmung. Das Ergebnis: Die Mehrheit möchte den Bürgermeister nach seinem Bericht in Ruhe lassen. Ihn freut es.

Herrn Kirsch und die Verwaltung freut auch, dass ein weiterer Antrag der LINKEN mehrheitlich abgelehnt wurde, der darauf abzielte, die Fragen der Bürger aus der Einwohnerfragestunde und die gegebenen Antworten in das jeweilige Protokoll mit aufzunehmen.

Dem Antrag der LINKEN, eine Studie zur Verkehrsleitplanung Erkner Nord und zu zusätzlichen Parkflächen am Bahnhof anzufertigen, wäre fast das gleiche Schicksal wiederfahren. Aber die Verwaltung berichtete, dass bereits daran gearbeitet werde. So konnte die Mehrheit nicht direkt „Nein“ sagen, sondern war mit der Verweisung in den Stadtentwicklungsausschuss einverstanden.

Auf der Tagesordnung der Stadtverordnetenversammlung am 8. Dezember standen weitere Anträge. Die CDU verlangte zu prüfen, ob und zu welchen Konditionen die vier 30-Stunden-Arbeitsplätze im Jugendclub Erkner auf 40 Stunden aufgestockt werden können. Der Antrag wurde sogar einstimmig angenommen.

Anträge des Bürgermeisters

Neben weiteren, weniger brisanten Anträgen, spielte auf der 8. Sitzung der Bebauungsplan Nr. 21 „Gesundheits-, Behörden- und Handelszentrum Bahnhof/Ladestraße“ eine große und zeitaufwendige Rolle. Die Ergebnisse der frühzeitigen Beteiligung der Öffentlichkeit wurden vorgestellt und abgewogen. Das Vorhaben soll weitere Handelsflächen für Erkner schaffen. Haben wir davon nicht schon genug? Unklar sind Verkehrsanbindung, Parkplatz (Investor will kein Parkhaus, da es sich nicht rechnet), Lärm- und Baumschutz. Die Stadtverordneten beschlossen mit Mehrheit, dass der überarbeitete Plan­entwurf im Januar 2016 öffentlich ausgelegt wird. DIE LINKE bittet alle Bürgerinnen und Bürger, von ihrem Recht auf Mitwirkung Gebrauch zu machen. Einsicht in die Planungsunterlagen zu nehmen und Anregungen und Bedenken zu äußern, kann Einfluss auf das Stadtbild haben.

Einfluss auf das Leben in Erkner hat auch der zweite schwergewichtige Antrag, der vom Bürgermeister eingebracht wurde. Seit 2013 überfällig, beschloss die Mehrheit der Stadtverordneten die Fortschreibung des Lärmaktionsplanes (2. Stufe) in der aktuellen Fassung. Nur acht Stellungnahmen von Bürgern und öffentlichen Institutionen waren dazu im Stadtentwicklungsausschuss diskutiert worden. Wolfgang Specht (Parteiloser auf der Liste DIE LINKE) stellte am 8. Dezember den Antrag, die Woltersdorfer Landstraße als einen Aktionsschwerpunkt in den Plan aufzunehmen und den Ausbau eines geschlossenen Radwegenetzes voranzutreiben. Die Mehrheit sah zwar die Notwendigkeit ein – aber keinen Zusammenhang mit dem Lärmaktionsplan. Wie immer bei Anträgen der LINKEN: Ablehnung. Ein Mitarbeiter vom Landes­ministerium für Umwelt, der die Stadt seit langer Zeit im der Lärm­aktionsplanung begleitet, brach eine Lanze für die Aufnahme der Radwegekonzeption in die Planung. Er bestärkte uns in der Meinung, dass das eine städtische Planung sei, egal ob wir dann für die Umsetzung der Maßnahmen im Einzelnen direkt zuständig seien oder nicht. Die Stadtverordneten, die Verwaltung und der Bürgermeister sollten an einem Strang ziehen, wenn es um den Kampf für mehr Ruhe und Sicherheit in der Stadt geht.
Beschlüsse, die entscheidenden Einfluss auf das Leben in der Stadt haben werden, stehen auch künftig auf der Tagesordnung. Wir werden uns weiterhin einmischen. Im Januar 2016 geht es bereits um den Stadt-Haushalt. Man darf gespannt sein, ob dabei das Wohl der Stadt mehr im Mittelpunkt stehen wird, und ob es mehr Ergebnisse und weniger Polemik geben wird.

Dr. Elvira Strauß
Fraktionsvorsitzende DIE LINKE


Fortschreibung des Lärmaktionsplanes der Stadt

Am 8. Dezember 2015 verabschiedete die Stadtverordnetenversammlung die aktualisierte Fassung des Lärmaktionsplanes. Damit wurden die Vorgaben der EU-Umgebungsrichtlinie zur Kartierung des Lärms, zur Erfassung der von Lärm betroffenen Bewohner und der Festlegung von Maßnahmen zur Lärmminderung umgesetzt. Betrachtet wurden die Lärmquellen Straßen- und Bahnverkehr. Vorangegangen waren Bürgerbeteiligung und die Beratung in den Fachausschüssen der SVV Erkner.

Von der Stadtverwaltung Erkner wurde die Planungsgruppe ISU-Plan mit der Erstellung beauftragt. Auf der Basis von Berechnungen zur Lärmbelastung zeigte diese, dass es Verbesserungen der Lärmsituation in Teilen von Erkner gibt. Hauptgründe zur Lärmminderungen sind laut ISU-Plan Geschwindigkeitsbegrenzungen, Verbesserungen der Fahrbahndecken, Verlagerung von Straßenverkehr innerhalb der Stadt, Nutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln und Fahrrädern statt PKW. Diese Maßnahmen sollen fortgeführt werden. Sehr zu begrüßen sind geplante Verbesserungen des öffentlichen Nahverkehrs und bessere Angebote für die Nutzung des Fahrrads.

Leider muss man davon ausgehen, dass die Steigerung der Lärmbelastung durch die Zunahme des Bahn- und Straßenverkehrs größer ist als die Reduzierung durch die im Lärmaktionsplan enthaltenen Maßnahmen. Es fehlen Aktivitäten zur Reduzierung des Durchgangs- und Ziel­verkehrs.

Bürgermeister Kirsch wird kaum Unterstützer in den kommunalen Planungsgremien für die Entlastung Erkners vom Straßenverkehr finden. Nicht zu Unrecht werden Vertreter der Umlandkommunen darauf verweisen, dass Erkner mit den Eröffnungen von weiteren Supermärkten und Einkaufszentren den Verkehr anzieht und gleichzeitig die Existenz von Verkaufseinrichtungen in den Nachbargemeinden und die damit verbundenen Steuereinnahmen und Arbeitsplätze gefährdet. Eine nachhaltige Verbesserung der Lärmproblematik in Erkner ist so nicht möglich.

Dr. Steffen Schorcht
sachkundiger Einwohner der Fraktion DIE LINKE im Ausschuss für Stadtentwicklung, Bauplanung, Natur- und Umweltschutz, Verkehr