07.02.2016
Achim Grunke
Erschienen in: Mittelsächsische LinksWorte (Mittelsachsen, Sachsen)

Friedrich Engels - Mitbegründer des Marxismus starb vor 120 Jahren

Friedrich Engels

Friedrich Engels wurde vor 195 Jahren am 28. November 1820 in Barmen (heute Wuppertal) geboren und starb vor 120 Jahren am 5. August 1895 in London. Als ältestes von neun Kindern einer wohlhabenden Fabrikantenfamilie war es ihm gewiss nicht in die Wiege gelegt, an der Seite von Karl Marx einmal zum Mitbegründer des Marxismus zu werden.

Engels, ein äußerst sprachbegabter Schüler, besuchte ab 1834 das Elberfelder Gymnasium, welches er 1838, ein Jahr vor dem Abitur, auf Drängen des Vaters verlassen musste, um eine vierjährige Kaufmannslehre anzutreten. Gegen den Willen des Vaters leistete Engels vom 1. Oktober 1841 bis 30. September 1842 seinen Militärdienst als „Einjährig-Freiwilliger“ beim Garde-Fußartillerie-Regiment in Berlin in der Kaserne am Kupfergraben ab. Er nutzte diese Zeit auch, um an der Berliner Universität Vorlesungen in Philosophie, orientalischen Sprachen und Finanzwesen zu besuchen.

Gemeinsam mit Karl Marx

Im August 1844 kam es in Paris zu einem ersten direkten Zusammentreffen zwischen Karl Marx und Friedrich Engels, nachdem beide schon in Briefwechsel gestanden hatten und Engels Beiträge für die von Marx mitbegründeten „Deutsch-Französischen Jahrbücher“ geschrieben hatte. In Paris begann nicht nur eine Freundschaft zwischen beiden, sondern auch eine lebenslange Ideen- und Schaffensgemeinschaft. Als gemeinsame Schriften entstanden „Die heilige Familie“ (1845) und die „Deutsche Ideologie“ (1845/46), in denen sie in Auseinandersetzung mit philosophischen Strömungen ihrer Zeit bereits erste Grundlagen der materialistischen Geschichtsauffassung formulierten. Prägnant auf den Punkt gebracht, liest sich das in der „Deutschen Ideologie“ so:

„Diese Geschichtsauffassung beruht also darauf, den wirklichen Produktionsprozess, und zwar von der materiellen Produktion des unmittelbaren Lebens ausgehend, zu entwickeln und die mit dieser Produktionsweise zusammenhängende und von ihr erzeugte Verkehrsform, also die bürgerliche Gesellschaft in ihren verschiedenen Stufen, als Grundlage der ganzen Geschichte aufzufassen und sie sowohl in ihrer Aktion als Staat darzustellen, wie die sämtlichen verschiedenen theoretischen Erzeugnisse und Formen des Bewusstseins, Religion, Philosophie, Moral etc. etc., aus ihr zu erklären und ihren Entstehungsprozess aus ihnen zu verfolgen, wo dann natürlich auch die Sache in ihrer Totalität (und darum auch die Wechselwirkung dieser verschiedenen Seiten aufeinander) dargestellt werden kann.“ (MEW*, Bd. 3, S. 37f)

Das „Manifest der Kommunistischen Partei“ (1848) bildete einen weiteren Höhepunkt ihres gemeinsamen Schaffens. Engels hatte hierfür mit seinem Manuskript „Grundsätze des Kommunismus“ eine eigenständige Vorarbeit geleistet. Die wesentlichen Gedanken davon fanden Eingang in das „Manifest“. Und es war wohl auch auf den Einfluss von Engels zurückzuführen, dass dieses „Manifest“ in einer weitgehend gefälligen Sprache verfasst wurde. Franz Mehring (1846-1919) fand den Sprachstil von Engels „leicht und licht, so durchsichtig und klar, dass man dem Strom seiner bewegten Rede stets bis auf den Grund blicken kann“, indes er den Stil von Marx für „lässiger und zugleich schwerer“ hielt.

Ein besonderes Verdienst erwarb sich Engels damit, das Marx’sche Hauptwerk „Das Kapital“ vollendet zu haben. Während der erste Band noch zu Marx Lebzeiten (1867) erscheinen konnte, folgten die zwei weiteren Bände erst nach seinem Tode (1885 und 1894). Ohne Engels wäre ein Erscheinen der Bände 2 und 3 des Kapital nahezu unmöglich gewesen. Er war nicht nur vollständig in die Gedankenwelt von Marx eingedrungen, sondern vermochte auch durch seine Vertrautheit mit der Handschrift von Marx, die vielen Wort- und Satzkürzungen in den Manuskripten zu enträtseln. Bei wortgetreuer Wiedergabe und gleichzeitig notwendiger Ergänzungen vollendete er „Das Kapital“ als ein geschlossenes Werk. Deshalb meinte der österreichische Sozialdemokrat Victor Adler (1852-1918), diese beiden Bände des „Kapitals“ seien das Werk von zweien: von Marx und von Engels.

Ein ebenbürtiger Geist

Zweifellos hat Engels viel dazu beigetragen, das Werk von Marx populär und politisch gebrauchsfähig zu machen und die Arbeiterbewegung dafür zu begeistern. Deshalb sah er sich in bescheidener Zurückhaltung bloß als „zweite Violine“ an der Seite von Karl Marx, der „famosen ersten Violine“, wie er meinte. Jedoch war er weit mehr als nur ein Sprachrohr und Helfer von Marx, er war ein „ihm ebenbürtiger Geist“, wie es Franz Mehring ausdrückte.

Für Marx selbst war Engels „ein wahres Universallexikon“. Bestechend nicht nur seine Fähigkeit, sich wenigstens elementar in zwanzig Sprachen zu verständigen, sondern auch seine profunden Kenntnisse auf verschiedensten Wissensgebieten.

Nach dem Tode von Karl Marx (1883) führte Engels dessen Werk auch durch eigene originäre Beiträge fort und machte sich zudem als Ratgeber der Arbeiterbewegung verdient. Er erkannte die neuen Entwicklungstendenzen der Konzentration und Entstehung von Trusts und Aktiengesellschaften im Kapitalismus. In den Trusts schlage „die freie Konkurrenz um ins Monopol, kapituliert die planlose Produktion der kapitalistischen Gesellschaft vor der planmäßigen Produktion der hereinbrechenden sozialistischen Gesellschaft.“ (MEW, Bd. 20, S. 617)

Jedoch hielt er es für eine Illusion, „auf gemütlich-friedlichem Weg“ (MEW, Bd. 22, S. 235) zu dieser neuen Gesellschaft zu gelangen. Gleichzeitig warnte Engels angesichts der Entwicklung der Waffentechnik davor, es mit einer „Rebellion alten Stils, (dem) Straßenkampf mit Barrikaden“ versuchen zu wollen. Seit 1848 habe sich sehr viel verändert, „und alles zugunsten der Militärs.“ Hinzu käme weiterhin: „…die seit 1848 neugebauten Viertel der großen Städte, in langen, breiten Straßen angelegt, wie gemacht für die Wirkung der neuen Geschütze und Gewehre. Der Revolutionär müsste verrückt sein, der sich die neuen Arbeiterdistrikte im Norden und Osten von Berlin zu einem Barrikadenkampf selbst aussuchte.“ Durch die wachsende Stärke der Arbeiterparteien und der erfolgreichen Ausnutzung des allgemeinen Wahlrechts war nach Engels’ Auffassung „eine ganz neue Kampfweise des Proletariats in Wirksamkeit getreten“. (MEW, Bd. 22, S. 519ff)

Angesichts der Modernisierung des Waffenarsenals im Gefolge der technischen Entwicklung warnte Engels auch vor den Folgen eines neuen, erstmals mit industriellen Mitteln geführten Krieges auf dem europäischen Kontinent: „…als ein Weltkrieg, und zwar ein Weltkrieg von einer bisher nie geahnten Ausdehnung und Heftigkeit. Acht bis zehn Millionen Soldaten werden sich untereinander abwürgen … Die Verwüstungen des Dreißigjährigen Kriegs zusammengedrängt in drei bis vier Jahre und über den ganzen Kontinent verbreitet … endend im allgemeinen Bankerott; Zusammenbruch der alten Staaten und ihrer traditionellen Staatsweisheit, derart, dass die Kronen zu Dutzenden über das Straßenpflaster rollen und niemand sich findet, der sie aufhebt…“. (MEW, Bd. 21, S. 350f)

Bemerkenswert und immer noch aktuell ist auch der Hinweis von Engels, „dass wir (die Menschen) keineswegs die Natur beherrschen, wie ein Eroberer ein fremdes Volk beherrscht, wie jemand, der außer der Natur steht – sondern dass wir mit Fleisch und Blut und Hirn ihr angehören und mitten in ihr stehn, und dass unsre ganze Herrschaft über sie darin besteht (,bestehen müsste’, wäre aus heutiger wohl angemessener zu sagen – A.G.), im Vorzug zu allen andern Geschöpfen ihre Gesetze zu erkennen und richtig anwenden zu können.“ Engels mahnt die Menschen, nicht zu sehr ihrer Fähigkeit zu schmeicheln, sich die Natur dienstbar zu machen und zu beherrschen, denn „für jeden solchen Sieg rächt sie sich an uns.“ (MEW, Bd. 20, S. 452f)

* MEW = Marx-Engels-Werke

Hinweis

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