Geiheimtipp: "Rotes Sofa"
Veranstaltungsreihe der Berliner Abgeordneten Regina Kittler und Manuela Schmidt
eim nunmehr sechsten ROTEN SOFA am 15. Juni wurde es fast schon ein wenig eng. Sechzig Interessierte drängelten in das Abgeordneten-Büro von Regina Kittler und Dr. Manuela Schmidt am Helene-Weigel-Platz 7, das ja schließlich ein Büro ist und kein Veranstaltungssaal. Aber es hat sich halt herumgesprochen: Schon im Mai hatte Frau Dr. med. Karola Groch mit ihren Erlebnis-Berichten aus Pakistan für knappe Stühle gesorgt. Diese weilte mehrfach im pakistanischen Dorf Thatta Kedona, um Hilfe bei der medizinischen Versorgung und Aufklärung der einheimischen Landbevölkerung zu leisten.
Die Abgeordneten der LINKEN, Regina Kittler und Dr. Manuela Schmidt, begrüßten die engagierte Ärztin herzlich. Und dann begann diese ihre fesselnde Erzählung über gewonnene gute Freunde im weit entfernten Pakistan, denen sie dank ihrer medizinischen Fähigkeiten und Kenntnisse wirksam helfen konnte. Nicht nur schwere Erkrankungen wie Krebs, Lepra, Malaria, TBC und Diabetes sind dort zu behandeln, sondern auch ganz gewöhnliche gesundheitliche Probleme, die oft den unzureichenden hygienischen Bedingungen geschuldet sind. Dazu gehören beispielsweise Wurmbefall, chronischer Husten, Durchfallerkrankungen, Krätze, Läusebefall und auch Lebererkrankungen aufgrund von Hepatitis. Bei auszugsweisen Lesungen aus ihrem Buch „Erlebnis Pakistan“ wurde aber auch deutlich, dass dieses Land bei aller Rückständigkeit wunderschöne Landschaften, Geschichts- und Kulturdenkmäler und vor allem interessante Menschen besitzt, unter denen die jungen Mädchen und Frauen besondere Anerkennung verdienen. So ist es vor allem diesen zu verdanken, wenn Frau Dr. Groch in Thatta Kedona (auf deutsch „Spielzeug-Dorf“) in den letzten 15 Jahren viele positive Veränderungen konstatieren konnte, auch wenn es gerade Frauen in Pakistan nicht leicht fällt, sich zu emanzipieren. Sie trotzen mit Mühe der männlich dominierten Gesellschaft ihren Platz im Leben der Gemeinschaft ab. Für eine Fortsetzung dieser Tendenz werden auch die mit Hilfe der deutschen Ärztin neu ausgebildeten sieben pakistanischen Gesundheitshelferinnen sorgen. Und die immer versiertere Herstellung und Vermarktung von Spielzeug – zum großen Teil Sache der geschickten Frauenhände in diesem „Spielzeug-Dorf“ – stärkt den Optimismus unter den Frauen.
Und nun zum 15. Juni: Gast ist Fernseh-Journalist und Satire-Autor Günter Herlt, und selbst Tischkanten waren als Sitzgelegenheiten gefragt. Woher kommt das große Interesse? Gewiss ist es wohl die Anziehungskraft der geladenen Gäste selbst, die mal von Regina Kittler und mal von Dr. Manuela Schmidt befragt werden. Aber auch die angenehme Atmosphäre, wo man nur neben linken (also niemals rechten!) Nachbarn sitzt, wo interessante Gesprächspartner und deren Bücher oder Bilder anregen, aufregen, erregen. Denn LINKS ist nicht nur EINE Denkrichtung, sondern die Summe so vieler differenzierter Sichten auf das Leben und die menschliche Gesellschaft. Und gelegentlich einen linken Nachbarn mal beim gemeinsamen Freizeit-Vergnügen kennenzulernen, kann sehr wohltuend sein für die eigene Gesinnung.
Der Abend mit Günter Herlt war lustig, links und leselastig. Seine Erinnerungen an den ersten Kontakt mit echtem Sowjetsoldaten-Machorka spielten eine Rolle und eine von ihm gewünschte Ode über 25 Jahre deutsche Einheit. Eine köstliche Aschenputtel-Adaption forderte ihre Lacher genauso heraus wie die Trabbi-Reise in der Nacht des Mauerfalls, bei der Benzin-Gemisch und Westgeld ausgingen, was nach einigen Verwicklungen zu der Schlagzeile führte: „Ossi-Trio mit Porno-Tüten beim Spritklauen erwischt!“
Weiter geht‘s am 14. September um 18.30 Uhr mit Petra Pau und ihrem Buch „Gottlose Type – meine unfrisierten Erinnerungen“.
Darauf freut sich schon: Peter Kolbe