28.07.2014
Dr. Artur Pech
Erschienen in: Widerspruch (Fürstenwalde, Brandenburg)

Fraktion DIE LINKE erhält keine Zustimmung

Antrag zur Bildung eines Ausschusses für Grundsicherung und Beschäftigungsförderung im Kreistag Oder-Spree gestellt

Kreistag Oder-Spree
Dr. Artur Pech, Schöneiche, Vorsitzender der Fraktion DIE LINKE im Kreistag Oder-Spree

Auf der konstituierenden Sitzung des Kreistages am 24. Juni in Beeskow stellte die Fraktion DIE LINKE den Antrag zur Bildung eines Ausschusses für Grundsicherung und Beschäftigungsförderung mit nachstehender Begründung:

"Von den Leistungen des Jobcenters betroffene Bevölkerungsanteile des Landkreises
Im Landkreis sind in den letzten Jahren zwischen 18 . 000 und 19 000 Personen, davon mehr als 4 000 Kinder, direkt von den Leistungen des Jobcenters abhängig. Das ist mehr als jeder 10. Mensch im Landkreis. Schon allein deshalb sollte das dem Kreistag einen eigenen Ausschuss wert sein.

Relevanz der Leistungen des Jobcenters für den Kreishaushalt

Von den knapp 333 Mio. € des Kreishaushalts 2014 werden rund 112 Mio. € im Jobcenter umgesetzt. Der kreisliche Zuschussbedarf der Produktgruppe 312 – Grundsicherung nach SGB II – beträgt im Haushaltsjahr 2014 insgesamt etwa 33 Mio. €. Davon entfallen 29,5 Mio. € auf direkte Leistungen der Grundsicherung einschließlich Kosten der Unterkunft und §16a SGB II sowie 3,4 Mio. € Anteil des Landkreises für die Verwaltungskosten des Jobcenters.
Die Kreisumlage des Jahres 2014 von rund 70 Mio. € wird also fast zur Hälfte im Jobcenter verbraucht. Auch deshalb sollte uns das Jobcenter einen besonderen Ausschuss wert sein. Schließlich haben auch die Gemeinden ein Recht darauf, mehr Informationen und Kontrolle über die Verwendung der Mittel zu erhalten.

Die Verantwortlichkeiten der Kommune

In einer Pressemitteilung des Landkreistages zum „Tag der Optionskommunen“ 2013 hieß es: „Bei den Optionskommunen sind der gewählte Landrat bzw. Oberbürgermeister sowie der Kreistag bzw. Stadtrat verantwortlich für die Umsetzung des SGB II. Die Umsetzung ist Gegenstand der Beratungen in den demokratisch legitimierten Kommunalvertretungen vor Ort.“ Unsere Kommunalverfassung kennt dafür den Begriff des „beratenden Ausschusses“. Und der wird hier beantragt.
In den Optionskommunen werden die Gremien von Kreistagen die sich mit dieser Sache befassen, sehr unterschiedlich konstruiert und benannt. Wo das Jobcenter als Eigenbetrieb geführt wird, gibt es einen Werksausschuss oder Betriebsausschuss – so wie bei uns beispielsweise für das KWU. Wir dagegen sagen zwar „Jobcenter“, tatsächlich geführt wird diese Struktur jedoch wie ein Amt der Verwaltung.
In solchen Fällen heißen die Ausschüsse in anderen Optionskommunen Ausschuss für das Jobcenter, oder Verwaltungsausschuss oder Ausschuss für Arbeit und Grundsicherung. Die Arbeit solcher Ausschüsse ist damit gerade auch in Optionskommunen eine Normalität.
Nun heißt es gelegentlich, die Leistungen des Jobcenters seien durch Bundesrecht geregelt. Einem Ausschuss des Kreistages fehlen damit die Handlungsmöglichkeiten. Dem widerspricht jedoch die Begründung für die „Optionskommunen“. Da wurde auf die Flexibilität der Kommunen verwiesen, auf Gegebenheiten des örtlichen Arbeitsmarktes reagieren zu können, ebenso auf die gute Ortskenntnis und den engen Kontakt der Kommunen zu den örtlichen Arbeitgebern. All das liest sich förmlich wie eine Begründung für die gründliche Beratung der damit verbundenen Probleme im Kreistag. Hinzu kommt: Im Bereich der Bildung wird die Regelungsdichte durch Landesrecht ja auch nicht als Argument gegen die Befassung des Kreistages mit Schulproblemen angeführt.
Mit einem Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) wurde erst im April festgestellt, dass auch die KdU-Richtlinie (KdU = Kosten der Unterkunft) im Landkreis Oder-Spree nicht gerichtsfest ist. Mit Blick auf die Zuspitzungen auf dem Wohnungsmarkt im so genannten „Speckgürtel“ wird sich der Kreistag diesem Problem mit größerer Aufmerksamkeit zuzuwenden haben. Denn seine Abgeordneten stehen in der politischen Verantwortung vor den Bürgerinnen und Bürgern und können sich auch auf diesem Feld nicht hinter anonymem Handeln der Verwaltung oder auf die Verantwortung des Bundes zurück ziehen. Es war schließlich eine Richtlinie des Landkreises, die vom Sozialgericht in Frankfurt (Oder) angegriffen wurde.

Stimmen Sie also unserem Antrag zu und lassen Sie uns der Verantwortung des Kreistages in gebührender Weise gerecht werden."

Abstimmungsergebnis:

Die Verwaltung und eine Mehrheit des Kreistages haben den Antrag abgelehnt. Selbst die MOZ bemerkte in ihrer Berichterstattung über den Kreistag, dass von diesen Problemen mehr als jeder 10. Mensch im Landkreis betroffen ist.
Die Fraktion wird daher auch künftig Probleme der Grundsicherung und die sich zuspitzende Problematik der Kosten der Unterkunft ständig und detailliert im Plenum des Kreistages zur Sprache bringen.