07.02.2017
Volkart Otto
Erschienen in: KONKRETer (Kyffhäuserkreis, Thüringen)

Landesbildungstag der LINKE.Thüringen

Am 28.01.2016 fand im Hotel Am Wald in Elgersburg die Bildungskonferenz der Thüringer LINKE statt.

Bad Frankenhausen

Die Teilnehmer hatten zunächst die Möglichkeit sich für einen der 3 Workshops zu entscheiden. In einem Workshop wurde nach einem Referat von Mario Candeias vom Institut für Gesellschaftsanalyse der Rosa Luxemburg Stiftung über neue Formen demokratischer Prozesse diskutiert. In der abschließenden Podiumsdiskussion, in der über alle Workshops abschließend berichtet wurde, kristallisierte sich die Erkenntnis heraus, dass über wirksamere Formen der Demokratie nachgedacht wird. Der Begriff Liquide Demokratie –der hier diskutiert wurde- klingt vielleicht auf den ersten Blick etwas befremdlich. Es wurde jedoch schnell klar, dass es sich dabei um eine Form direkter und inhaltsbezogener Stimmenvergabe für die parlamentarischen Gremien handelt. Dadurch mag es zukünftig gelingen parlamentarische Prozesse stärker auf die unmittelbar drängenden Themen hin zu fokussieren. Bemerkenswert dabei ist, dass die zu entscheidenden Inhalte in den Mittelpunkt der Debatten rücken können. Das wird jedoch dann wirklich gelingen wenn die Personen- hinter den parlamentarischen Stimmen- ein Stück weit die Fachleute sind, die sich tatsächlich mit den jeweiligen Inhalten auskennen.

Der zweite Workshop mit dem Titel Gefahren für die Demokratie- Autoritärer Kapitalismus – wurde durch den Vortrag des Politikwissenschaftlers Prof. em. Frank Deppe – aus Marburg angeregt. Aus diesem Podiumsbeitrag konnten die Teilnehmer erfahren dass wir in einer Zeit immer stärker anwachsender –autoritärer Demokratie leben. Das u. a. ist auch ein Indiz für die Erkenntnis dass es keinen direkten Zusammenhang zwischen Demokratie und Kapitalismus geben kann. Insofern liegt bei vielen Menschen eine immer weiter verbreitete Lethargie gegenüber ihrer Beteiligung an demokratischen Prozessen vor. Dieser Tatsache gilt es von Seiten der LINKEN aktiv entgegenzuwirken um eine weitere Ausbreitung faschistoider Auswüchse in unserer Gesellschaft entgegen zu arbeiten. Darum müssen auch neue Inhalte für die Demokratie gebildet werden. Das kann erreicht werden wenn wir mit helfen solidarische Strukturen zu bilden um dadurch mehr Menschen erreichen. Hier können z. B. die Gewerkschaften aber auch Vereine und ähnliche Gemeinschaften gute Foren sein um Solidarität und gelebte Demokratie deutlich zu machen. Auch wurde ganz klar herausgestellt, dass mehr Demokratie ein Hauptziel der LINKEn ist und bleiben wird. Ganz klar benannt wurde hier, dass die Verteidigung von Demokratie insbesondere auch auf die Verhinderung von Korruption in den Staat und Gesellschaft abzielt.

Im 3. Workshop wurde zum einen die Demokratisierung der Wirtschaft in der gewerkschaftlichen Praxis durch Rolf Düber vom DGB Hessen-Thüringen thematisiert. Hier spielte die Erläuterung des Begriffes „Wirtschaftsdemokratie“ eine herausragende Rolle. In dem Zusammenhang wurden auch Begriffe wie Vergesellschaftung oder auch Verstaatlichung genannt und vor dem Hintergrund der aktuellen gesellschaftlichen Entwicklung beschrieben. In der Beschreibung wurden hochaktuelle Themen wie die z. B. Bankenkrise und die Schieflastigkeit bei der Verteilung des Reichtums und den damit verbundenen gesellschaftlichen Spannungen aufgegriffen. Erfreulich in diesem Zusammenhang ist, dass hier nach wie vor staatlich gelenkte Betriebsstrukturen mit einem hohen Maß an paritätischer Mitbestimmung der Arbeitnehmer als Alternative zu rein profitorientierten Unternehmen gesehen werden. Rolf Düber gab auch einen Bericht über den Stand der Gewerkschaftsarbeit in Thüringen. Seine eigenen Schwerpunkte liegen im Moment im Bereich der Verbesserung der Mitbestimmung der Arbeitnehmer in den Betrieben. Das oft Tarifverträge durch die Arbeitgeber mit zwielichtigen Methoden ausgehebelt werden ist einer der Themen die den Gewerkschaftern zur Zeit Sorgen machen.

Sehr interessant war der Vortrag von Inga Jensen von der Bauhaus Universität Weimar unter der Überschrift „Ein Konzept für eine neue Gemeinnützigkeit“. Bei diesem Konzept geht es in der Hauptsache um die Erhöhung der Gemeinwohlorientierung in der Wohnungsversorgung. Allen ist sicherlich klar, dass für die ständig anwachsende Menge der sozial schlechter gestellten Teile unserer Bevölkerung bezahlbarer Wohnraum immer knapper wird. Hier setzt die Studie an, an der Inga Jensen federführend beteiligt ist. Die Studie befindet sich kurz vor der Fertigstellung, bestimmte Dinge lassen sich aber jetzt bereits ableiten. Dazu gehören u. a. die Feststellung dass nicht mehr als 30 % des Nettoeinkommens für die Miete ausgegeben werden dürfte und dass die sog. Mietpreisbremse ein völlig unwirksames Mittel zur Regulierung des Wohnungsmarktes ist. Weiterhin werden Lösungen vorgeschlagen wie die Gemeinwohlorientierung erreicht werden kann. Hierzu werden für die denkbaren Wohnungsanbieter (z. B. genossenschaftliche aber auch kommunal geleitete Unternehmen) Prämissen wie Gewinnverzicht, Zweckbindung der Mittel, Ausbau- Verpflichtung vorgegeben. Das ganze kann durch Paritätische Aufsichtsräte kontrolliert und geleitet werden. Diese oder ähnliche Gremien sind durch Mitbestimmung gekennzeichnet die durch die Entwicklung von z. B. MieterInnen- Bewegungen unterstützt werden können.

Das Abschlusspodium wurde moderiert von Susanne Hennig-Wellsow, Landesvorsitzende DIE LINKE. Thüringen. Hier konnten alle Teilnehmer sich noch einmal zu den Themen mit einbringen, bei deren Behandlung sie am jeweiligen Workshop nicht teilnehmen konnten. Die Konferenz wie auch das Podium waren von einer sehr positiven aber auch gleichzeitig produktiven Atmosphäre gekennzeichnet. Ich habe viele gute Gedanken und Impulse mit auf den Weg nach Hause nehmen können.